Gabriele Heidecker

Christian Döring


Einführung in die Ausstellung
Notes + News
Arbeiten auf Papier von Gabriele Heidecker und Marosch Schröder

Im Kunstamt Berlin / Tempelhof 04. Juni 1991 (Auszug)

........Das Expressive dieser wandzeichnungsartigen Art-News des Marosch Schröder (www.maroschmschroeder.de), dieses Stellwände-Rondell inszeniert den Ort, an dem wir uns befinden, in spannungsvollem Zusammenspiel mit den feinflüchtigen, den spontan gesetzten Bleistiftlinien und -Strichen, den Zeichnungsbändern der Gabriele Heidecker.


Eine Akteurin des Zeichenstifts, die auf Akteur und Akteurin der Bühne reagiert, und die in ihren Notes wie in Anmerkungen, wie in steno- und seismographischen Kürzeln, in einer fernöstlich inspirierten Verschmelzung von Schrift und Zeichen, die Bühnenbewegung aus der Perspektive der Sehenden und Empfindenden interpretiert. Interpretiert und auch bannt. Wie dort Marosch Schröder Zeit stillstellt, so halten hier Gabriele Heideckers Notes die Bewegungen in Bühnenraum und Bühnenzeit fest, und lassen sie los in neuer Dynamik, die sich zu Zeichnungsbändern entrollt, zu laufenden Aktzeichnungen. Ein Spiel zwischen Ruhe und Dynamik - stehende Bewegung - entfaltet sich, gleichsam als Spiegel tragischer Dynamik einer Penthesilea, halb Furie, halb Grazie, in der Verschränkung von Krieg und Eros; oder als Spiegel-Spiel eines nicht minder tragischen Philoktet.

 

Mann und Frau werden zur Figur, die Figur wird zum Zeichen, das Figuration und Abstraktion verschmilzt, zum Zeichen werden der Raum und die Bewegung in der Zeit, Sprachbewegung übersetzt sich in ein giacomettihaftes Formen, dem es nicht auf das Ziel, sondern auf den Weg ankommt. Bei Gabriele Heidecker entstehen Zeichenbänder, Exerzitien aus innerer Anschauung, die im Medium der theatralischen Bewegung sich eine minimalistische Ausdrucksschrift sucht - eine immer wiederkehrende und wieder zu erlernende elementare Zeichengrundschrift, die zurückverweist auf existentiale und archetypische Erfahrungen, auf einen Raum stummen Wissens, der in keiner anderen Sprache vermittelt werden kann.

Meine Damen und Herren, im Anfang war das Wort - heißt es. Das Wort ist -eine Gestalt. Davon konnte ich in dieser Ausstellung von Gabriele Heidecker und Marosch Schröder lesend und sehend etwas nachvollziehen. Vielleicht können Sie das mit mir teilen. 

copyright: Christian Döring

Der vollständige Text:

http://www.maroschschroeder.de/63-0-CHRISTIAN-DOeRING.html

Zu Christian Döring: Prosa und Poesie im Palazzo

http://www.kreatives-schreiben-in-venedig.de/